Hörbeispiele

Seit Juli 2015 veröffentlicht die überregionale Klavierstimmerei Praeludio® an dieser Stelle Hörbeispiele von Kundenstimmungen aus dem Landkreis Donau-Ries. Die Audiodateien sind ausgelagert. Wenn Sie auf ein Hörbeispiel klicken, öffnet sich als neue Seite hearthis.at/praeludio

Klavier mit großem Namen, aber wenig transparenter Geschichte

Sie hören ein Klavier mit einem unter Insidern geschätzten Namen: Fenner-junior. Klaus Fenner (1927-2005) war Klavierbaumeister, Klavierkonstrukteur und Autor. Gemeinsam mit Jan Grossbach verfasste er ein Praktisches Handbuch der Klavierkonstruktion. (Verlag Erwin Boschinsky) Dieses Buch zeichnet die Autoren insofern aus, als hier erstmals aktuelle Praktiken der Klavierindustrie kritisch aufbereitet wurden. Klaus Fenner räumt darin mit dem Mythos der Stimmhaltung im Zusammenhang mit der Festigkeit der Stimmnägel im Stimmstock auf. Ferner beleuchtet er die Entstehung der gängigen Praktiken, Klavierhämmer zu tränken, um so einen brillanteren Klang zu erreichen.

Da ich nicht nur im Besitz des Buches bin, sondern es auch mit Begeisterung gelesen habe, war mir bekannt, dass sich Klaus Fenner als Klavierkonstrukteur bei Modellen von Samick sowie Hyundai (U835) positiv eingebracht hatte. Doch mit der Bezeichnung Fenner-junior auf dem Klavier vor mir konnte ich nun gar nichts anfangen. Sollte Klaus Fenner einen Sohn haben? Oder ist das einfach eine Modellbezeichnung? Wo kam das Klavier eigentlich her? Was verriet mir das Klavier? Auf dem Klavier fand ich als Hinweis nur links einen kleinen Aufkleber Pianova.

Fenner-junior Klavier verstimmt

Bevor ich nun weiter recherchieren konnte, musste ich erst einmal das Klavier stimmen. Das Instrument war nicht gravierend verstimmt, aber etwas zu tief, so dass ich es vorstimmen musste, um auf die Wunschtonhöhe von 440 Hertz zu kommen. Beim Stimmen selbst war ich im ständigen Dialog mit dem Piano. Wie ist es zu stimmen? Sind die Saiten sauber oder haben sie starke Nebenschwebungen? Wie verhält sich die Mensur vor allem im Bereich der Referenzoktave? Das Klavier machte innen auf mich keinen hochwertigen Eindruck. Aber es lies sich ganz gut stimmen. Dafür steht schließlich auch der Name Fenner, nämlich vor allem für eine gute Mensur der Saiten. Und so kam am Ende eine recht gute Stimmung heraus.

Fenner-junior gestimmt

Wie so häufig fallen erst nach der Stimmung weitere Besonderheiten auf. In diesem Fall hob des rechte Pedal die Dämpfung kaum von den Saiten ab. Nachdem ich es richtig eingestellt hatte, hört man beim erneuten Probespielen, dass nun wesentlich mehr Volumen aus dem Klavier herauskommt. Vergleicht man die beiden Aufnahmen direkt, so fällt nun beim ersten Probespielen auf, dass die Töne kürzer klingen. Das ist die Folge, da trotz Treten des Pedals die Dämpfer entweder noch leicht an den Saiten liegen oder nur ganz wenig davon abgehoben haben.

Fenner-junior Pedal eingestellt

Aber wo kommt nun dieses Klavier her? Und wer ist Pianova? Von der Firma Pianova gibt es im Internet zwei Adressen:

Für beide Adressen ist als Ansprechpartner Herr Michael Sund eingetragen. Die Domain pianova.com ist seit 2000 auf die Piano Community GmbH eingetragen. Die Domain pianova.de dagegen seit 2007 auf die Pianova GmbH. Beide Organisationen haben die gleiche Adresse in Mühlheim an der Ruhr und somit in Deutschland. Aber kommt das Klavier aus Deutschland? Nein, meiner Einschätzung nach nicht. Entweder kommt es aus Korea oder aus Osteuropa. Aber wenn es aus Korea kommt, müsste es älter sein. Daher bleibt eigentlich nur Osteuropa.

Tatsächlich befindet sich auf der Homepage von pianova.com eine Unterseite von Piano-Wilms, scheinbar einem Mitglied der Piano Community, mit der Information, dass es sich bei dem Fenner-Piano um ein solides Einsteigerklavier - hergestellt in Polen für Deutschland handelt.

Das wäre dann wieder einmal so eine typische Geschichte des Klaviermarketings aus Deutschland. Man fragt sich, warum nur macht man so viel Geheimniskrämerei um die Klaviere? Vielleicht da der Markt derartige Praktiken nicht akzeptieren würde? In dem Zusammenhang muss man die Rolle der Klavierhändler kritisch hinterfragen. Denn denen kommt ja dann offensichtlich die Rolle zu, dem Interessenten eine glaubwürdige Story von dem Klavier zu erzählen, die ihn motiviert, das Produkt zu kaufen, das er vermutlich nicht kaufen würde, wenn er die Wahrheit wüsste.

Die Internetadresse pianova.com wird im Wesentlichen von der Piano Community GmbH genutzt. Aktuell bekommt man dort 5320 Klaviere und Flügel angeboten. Welcher Einzelhändler kann mit solchen Zahlen mithalten? Keiner! Sie als Kunde werden dort viele Angebote wiederfinden, von denen Sie geglaubt haben, das wäre ein spezifisches Angebot eben Ihres Einzelhändlers. Und hinter der Masse an angebotenen Pianos stehen tatsächlich die Werkstätten und Aufkäufer in Polen. Das ist eine aus deutscher Sicht sehr günstige Verbindung. Man hat eine große Auswahl und zahlt keine überhöhten Preise wie bei den Herstellern, da die Instrumente ja gebraucht sind. Das sichert ausreichende Gewinnspannen. Gleichzeitig vermitteln die in der Piano Community organisierten Einzelhändler nach außen einen großartigen Eindruck. Das nennt man ein Image. Über das Image wissen Insider der Werbung zu berichten, dass es sich hier nur um Schein handelt, der flüchtig ist.

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